In Slowenien gibt es alles, was ein Entdeckerherz begehrt. An der Küste rauscht das Meer und wenn man sich umdreht, fällt der Blick auf die verschneiten Alpen.
Dort oben, in den Bergen schlängeln sich die schmalen Straßen an winzigen Dörfern vorbei, an Häusern aus Stein und Holz, mit bunten Dächern und Fensterläden.
Ich habe in Slowenien einen Sommer verbracht, es ist viele Jahre her. Ich werde den Ort nicht verraten, weil es mein Paradies ist.
Ich habe in einer Holzhütte geschlafen und eine graugetigerte Katze kam jeden Morgen zu mir. Sie setzte sich auf den Stuhl, das einzig brauchbare Möbelstück im Raum und starrte mich an.
Die Katze wurde Grünauge genannt. Übersetzt natürlich. Grünauges Blick holte mich aus den tiefsten Träumen, immer zur selben Uhrzeit. Immer dann, als die Welt hinter dem Fenster leicht und hell wurde. Auch wenn ich die Tür verschloss, saß Grünauge jeden Morgen an derselben Stelle. Also wachte ich früh auf, betrachtete die niedrige Holzdecke, die Spinnweben und ein Ast Flieder, der schwer und duftend im Fenster schaukelte.
Dann ging ich in die kühle Morgendämmerung hinaus, in den Innenhof und Grünauge folgte mir und strich an meinen Beinen.
Wann wird man an solch einem Ort kein Tourist mehr? Wie lange dauert es, bis Frauen und Männer, Kinder und Kühe aufhören dich anzustarren, deine Nike Schuhe, für die du dich augenblicklich schämst, deine Kamera und deine dünnen, blassen von Mückenstichen übersähen Arme.
Du bist wie du bist, weil du aus einer Großstadt kommst. Du lächelst verlegen und nickst jedem, der dir auf dem Weg im Dorf begegnet. Du arbeitest an deinem Laptop im Schatten unter einem großen Baum und die Hühner wühlen vor deinen Füßen. Und du hoffst ein Buch zu schreiben, das dein größter Erfolg sein wird, weil dich hier alles inspiriert und bewegt. Trotz dem bringst du nichts Brauchbares aufs Papier, weil du es gewohnt bist im Stress, Zigarettenqualm und Gestank einer Großstadt zu arbeiten. Weil die frische Luft dich müde und viel zu glücklich macht um einen klassischen Roman des 20sten Jahrhunderts zu verfassen.
Also entspannst du dich und trinkst bereits am Vormittag den durchsichtigen und kühlen Wein und hilfst am Abend der Hausfrau die Kuh zu melken.
Du gehst nur barfuß und es macht dir nichts mehr aus. Und du siehst jetzt immer wie am Sonntag aus, deine Haare und Klamotten und du lächelst so, wie du in einer Großstadt niemals lächeln würdest.
Und als du zum kleinen Laden an der Straße gehst um Zigaretten, Milch und eine Glühbirne zu kaufen, stellst du fest, dass du nicht mal an dein Geldbeutel gedacht hast.
Du kannst beim nächsten Mal bezahlen, sagt die Verkäuferin und gibt dir ein Paket für die einäuguge hundertjährige Oma Paulina, die ein paar Häuser weiter lebt. Du weißt wohin, nicht wahr? Und du nickst und gehst langsam auf die staubige Straße hinaus. Jetzt bist du angekommen. Touristen, das sind die anderen.
Das Team von www.lostplace-dokfilm.de war diesen Sommer in Slowenien unterwegs und hat diese wundervolle Aufnahmen mitgebracht.
Text @ Anna Livsic
Photos@ http://www.lostplace-dokfilm.de
Themen: Verlassene Orte Slowenien, Lost Places Slowenia.